Perger - Gemeindezeitung

Die Zunft der Mühlsteinbrecher war über Jahrhunder- te das bedeutendste Handwerk in Perg. In Perg wurden bis zu 2.000 Mühlsteine pro Jahr aus dem sehr harten Sandstein herausgehauen. Der überregionale Verkauf der Mühlsteine wurde über 10 Lagerstätten an der Donau von Linz bis Fischamend abgewickelt, später auch über Lager- stätten in Passau, Bratislava und Budapest. Die Bedeutung der Perger Mühlsteinbrecher ist auch da- durch belegt, dass Kaiser Rudolf II im Jahre 1582 die Hand- werksordnung bestätigt und der Perger Zunft das Privileg verliehen hat, dass nur sie in Oberösterreich Mühlsteine abbauen dürfen. In der Privilegien-Urkunde heißt es wört- lich: Unnd ob füran in disem Lanndt ob der Enns Müllstain prüch erfunden wurden, dieselben sollen gleichfahls von Maisters Söhnen und Ayden so bey unns eingeleibt seint besetzt unnd versorgt werden. In heutiger Sprache würde das lauten: Wenn in Zukunft ein für Mühlsteine geeignetes Steinvorkommen im Land ob der Enns gefunden wird, so ist die Ausbeutung desselben den Söhnen und Schwiegersöhnen der Meister, die unserer Zunft angehören, vorbehalten. Bis vor wenigen Jahren war nicht bekannt, dass die Perger dieses Privileg irgendwo in OÖ ausgenutzt hätten, bis uns Frau Reinhilde Haas aus Hagenberg auf den Mühlsteinbruch in Gratz aufmerksam gemacht hat. Dieser Steinbruch befindet sich in der Nachbarschaft des „Denkengut”(1), heute Gratz 5, 4209 Engerwitzdorf, das zur Herrschaft Hagenberg gehört hat. Im Urbar der Herrschaft aus den Jahren 1701 bis 1719 heißt es im Zu- sammenhang mit dem „Denkengut in Gräzen, Liechten- steinisches Lehen“ sinngemäß: Bei diesem Hause, im oberen Feld, befand sich ein Mühlsteinbruch, in welchem Mühlsteine gebrochen werden konnten. Dieser Bruch war dem Steinbrecherhandwerk in Perg um 20 Gulden verpachtet, wovon der Inhaber des Denkengutes 5 Gulden als Entschädigung für den Flurschaden erhielt. Laut diesem Urbar hatte der Pachtvertrag vom 18. 10. 1705 bis 1737 Bestand. Die Flurbezeichnungen „Steinbruchacker“(2), Steinbruch- holz“(3) und „Steinbruchwiese“(4) deuten noch heute auf den alten Mühlsteinbruch. Daneben befand sich auch ein „Steinbruchhäusl“, welches an die Perger verpachtet war und als Schmiede diente. www.perg.at 23 GESCHICHTE HEIMATVEREIN PERG Ab wann die Perger Mühlsteinbrecher in Gratz aktiv waren, ist derzeit nicht feststellbar, ebenso nicht wie lange der Vertrag Bestand hatte. Allerdings findet sich in der „Geschichte der Perger Mühlsteinbrecher“, die Florian Eibensteiner in den 1930er Jahren verfasst hat, ein Hin- weis auf „gräzperg“. Im Jahr 1672 ergeht ein Bescheid der Perger Marktrichter an das Müllstainpröcher Handtwerckh, dass Caspar Pucher, ein Schwiegersohn von Georg Dopler, in Perg arbeiten darf. Die Mühlsteinbrecher haben sich zu- nächst geweigert, Caspar Pucher in Perg aufzunehmen, da er versprochen hätte in Gräzberg zu bleiben und sie ihn nicht als Konkurrenz in Perg haben wollten. Im Gelände des alten Gratzer Steinbruchs ist der Sand- steinfelsen (5) noch deutlich erkennbar. Der Sandstein ist zwar oberflächlich stark angewittert, aber immer noch ziemlich hart. Die Begehung mit Frau Reinhilde Haas fand am 31. Jänner 2020 statt. © Steinbrecherhaus Mühlsteinbruch Gratz in Engerwitzdorf

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